Himmlisches Einsatzkommando
Die Sonne geht prachtvoll auf über Land und Leuten. „Das
wird ein strenger Tag“, meint Jonathan, von allen einfach Joni genannt, zu
Holy. „Ja, bestimmt gibt es eine Menge zu tun.“ Nachdenklich schaut Holy über
das Land. „An so Schönwettertagen laufen unsere Drähte heiss. Bestimmt trudelt in
Kürze der erste Auftrag vom Chef ein“ Die beiden machen es sich gemütlich und geniessen
die Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht. Fast schon unheimlich ruhig ist es. Wie
die Ruhe vor dem Sturm. Ungewohnt. Bis der Anruf vom Chef die Stille
durchdringt.
Holy ist gefragt. Mit ihrem Team ist sie die Richtige für diesen
Auftrag. „Herz bewahren“ lautet das Kommando. Holy schnappt sich ihren
Materialkoffer und rennt los. Aus dem Team-Raum stürmen ihre Kolleginnen. Jede
weiss, was zu tun ist, fast wortlos. Am Ort ihres Auftrags angekommen, beginnen
sie ruhig mit ihrer Arbeit. Sorgsam wird das Herz eingepackt, damit es keinen
Schaden nimmt. Weich gepolstert, eingehüllt in Frieden und gehalten von Holy
und einer ihrer Kolleginnen harrt es der Dinge, die da kommen. Unscheinbar und
voller Leidenschaft tut das Team um Holy seinen Dienst, hält das Herz, damit
die Pfeile nicht ins Innerste vordringen. Die wirbelige Grace gestaltet in der
Schnelle einen Raum. Einen Raum von Licht durchflutet, mit wunderschönen
Blumen. Einen Raum, erfüllt mit Schönheit und Geborgenheit.
Während Holy mit ihrem Team konzentriert arbeitet, wird auch
Joni losgeschickt. Gemeinsam mit Tobias besucht er einen alten Mann. Ganz
unbemerkt erhellen die zwei die Krankenstube. Neuer Mut beginnt zu wachsen.
Samen der Zuversicht werden gestreut. Der alte Mann wird ganz ruhig. Beim Gang
auf die Toilette stolpert er nicht über den Teppichrand, er bricht sich nicht
den Oberschenkel. Aufmerksam und zufrieden findet er zurück in sein Bett. Da schläft
er zufrieden ein und freut sich auf den Morgen.
Zur Znünipause treffen beide Teams dankbar und hungrig in
der Kommandozentrale ein. Joni und Tobias klatschen sich zufrieden ab. Grace ist
mit ihren Gedanken noch ganz versunken in den Raum von Schönheit und Frieden.
„Das war mal wieder was für dich, nicht wahr, Grace? Wunderbar hast du das
hinbekommen!“ Holy setzt sich neben ihre jüngere Teamkollegin. Grace schaut sie
strahlend an. „Ja, ich liebe es, Räume zu schaffen, damit Herzen bewahrt
werden. Räume voller Schönheit. Ich bin schon gespannt, was der nächste Auftrag
sein wird.“
Der nächste Anruf des Chefs lässt nicht lange auf sich
warten. Das Kommando ist genauso kurz wie klar. „Primäreinsatz. Alle
verfügbaren Kräfte! Es geht um alles.“ Die Einsatzzentrale verwandelt sich
innert Sekunden in einen Ameisenhaufen. Holys Team, Jonis Leute und die Truppe
von Tobias, alle stürmen sie los, um ihren Auftrag auszuführen. Selbst der
Jüngste darf mit, auch Joas wird gebraucht. Er fühlt sich geehrt, dass er auch
in der vordersten Reihe mithelfen darf. Doch am Einsatzort angekommen, versteht
er die Welt nicht mehr. „Warum nur sollen wir uns hier aufstellen?“ Er wendet
sich verwirrt an seinen Vorgesetzten Tobias. „Oben am Abgrund könnten wir doch
viel mehr tun! Hier unten ist es doch zu spät! Was sollen wir hier?“
Verständnisvoll wendet sich Tobias seinem Schützling zu. „Schlimmeres
verhindern, sollen wir hier. Joas, wir wissen nicht alles. Wir kennen nur den
Auftrag des Chefs. Er kennt das ganze Dossier. Nun mach schnell, es braucht
auch dich!“ Joas lässt sich nun nicht ein zweites Mal bitten und stellt sich
selbstlos hin, bereit, Schlimmeres zu verhindern. Gemeinsam mit seinen Kollegen
hat er alle Hände voll zu tun. Es gilt, punktgenau einzugreifen, abzufedern, zu
bewahren. Es gilt die Zutrittskontrolle wahrzunehmen. Schmerzen wegzuweisen,
den schützenden Schock zuzulassen, wichtige Impulse einzusetzen. Tränen zu trocknen. Mut zu säen
und Zuversicht zu streuen. Holy mit ihrem Team leistet ebenfalls ganze Arbeit.
Aufgeteilt in Gruppen packen sie Herzen ein, verbinden Wunden, schaffen
Geborgenheit und pflanzen erste Samen der Schönheit. Es wird ein langer Tag...
Die Sonne ist längst am Horizont verschwunden, als sich Holy
und Joni gemeinsam mit ihren Teams in der Kommandozentrale einfinden. Erfüllt
und bewegt von den Erlebnissen des Tages treffen sie sich zu ihrem abendlichen
Austausch. Holy schliesst Grace in ihre Arme. „Deine Aufgabe ist noch nicht
fertig, Grace. Dein Job geht weiter in den nächsten Wochen“. „Ich weiss“,
erwidert Grace lächelnd, „ich freue mich darauf, diese Herzensräume zu
erhellen.“ Auch Joas trifft ein. Väterlich legt Tobias seinen Arm um ihn. „Und,
Joas? Wie geht’s?“ Joas versucht das Erlebte in Worte zu fassen. „Ich freue
mich so über all das, was wir bewirken konnten! Wow, wie das alles
funktionierte! Und jeden hat es gebraucht! Wie gerne hätte ich mich aber schon
oben am Abgrund aufgestellt. Ich kann es immer noch nicht ganz verstehen. Doch
ich habe gespürt, der Himmel war da. Es war ein Einsatz, der sich gelohnt hat.
Und ich habe erkannt, dass ich gehorchen will. Weil… hm… wie soll ich sagen? Weil
ich spüre, dass der Chef weiter sieht? Ich freue mich jedenfalls schon auf
meinen nächsten Einsatz!“ Anerkennend klopft ihm Tobias auf die Schulter. "So
ist gut, mein Junge.“
Die Dunkelheit senkt sich übers Land. Die himmlischen
Einsatzkräfte legen sich zur Ruhe. Übergeben an die nächste Schicht. Doch
irgendwo in der Dunkelheit flackern kleine Lichter. Kerzen. Hoffnungsschimmer.
Lebenslichter. Und kleine Samenkörner beginnen sich vorsichtig zu öffnen. Ihre
Namen sind Mut, Zuversicht, Freude, Frieden und Geborgenheit. Schönheit beginnt
zu keimen.
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