Die Hoffnung stirbt zuletzt

Was für ein Frust! Ich traue meinen Augen nicht. Entsetzt entferne ich die Netze. Tatsächlich, nirgends entdecke ich auch nur eine einzige Mirabelle. Keine einzige dieser süssen Früchte ist mehr da. Wie habe ich mich gefreut, als der junge Baum im Frühsommer eine ganze Menge süsser Früchte angehängt hatte. Vor etwa 10 Tagen entdeckte ich dann, dass die Früchte weniger wurden, obwohl sie noch nicht reif waren. Sorgfältig habe ich den ganzen Baum in ein feines Netz eingepackt, damit Vögel keine Chance haben. Und nun das. Keine Spur von Mirabellen. Alle weggefressen. Unter dem Netz. Ich vermute eine Maus, die da unter unserer Terrasse wohnt. Oder vielleicht ist es mittlerweile auch eine ganze Mäusefamilie.

In trotziger Wut sagte ich zu meinem Mann: «Ich höre auf mit Pflanzen und Hegen und Pflegen. Ich kaufe nur noch alles im Laden. Und spare mir eine Menge Arbeit.» Ist doch wahr. Stunden wende ich auf und schneide Bäume, jäte, giesse, bekämpfe Ungeziefer. Und trotzdem geht der Apfelbaum ein. Sind viele Obstblüten im Frühling erfroren. Fällt die Traubenernte wegen Mehltau aus. Fressen die Schnecken Gemüse und Salat. Und die Mäuse den Fenchel. Die Beeren haben Würmer. Und der Fuchs scheisst frech mitten ins Salatbett. Warum tue ich mir das eigentlich an?

Das frage ich mich echt gerade. Warum tue ich mir diese Arbeit an? Der Einkauf von einwandfreiem Obst, Gemüse und Salat im Laden braucht tatsächlich nur einen Bruchteil der Zeit. Doch beim darüber sinnieren, merke ich: Selber Pflanzen und Ernten hat schon auch seinen Reiz und einen Wert für mich. Etwas mit den Händen erarbeiten. Die Erde fühlen. Und dann voller Freude giftfreie Produkte ernten und geniessen (wenn es denn gibt). Und ich glaube, es ist immer wieder die Hoffnung, die mich treibt. Hoffnung, dass es dieses Jahr klappt. Die Hoffnung, dass ich den Baum mit diesem oder jenem Hausmittel noch retten kann. Hoffnung auf leckere, gesunde Früchte. Hoffnung auf gesundes Wachstum und eine erfolgreiche Ernte. Ohne diese Hoffnung würde ich wohl tatsächlich alles im Laden kaufen.

Genauso ist die Hoffnung auch in unserem Leben ein Motor. Ohne Hoffnung geben wir auf. Sehen wir keinen Sinn auf unserem Weg. Nehmen wir keine Mühe auf uns. Doch wer Hoffnung hat, geht vorwärts. Bleibt dran. Hat ein Ziel. Die Hoffnung ist der Motor, um Schritte zu gehen, damit Veränderung möglich wird. Die Hoffnung treibt dazu, Beziehungen zu klären. Gott zu suchen. Neues zu wagen. Leben mutig zu gestalten. Ein Bäumchen zu pflanzen. Deshalb: Halten wir an der Hoffnung fest! Füttern wir sie! Denn die Hoffnung stirbt zuletzt…



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