Irgendwie seltsam: Über Rollenverständnisse und arbeitende Mütter

Schon seit einiger Zeit schwirrt dieser Blogpost in meinem Kopf rum. Gedanklich habe ich ihn schon zig mal geschrieben. Nun verwandeln sich die Gedanken auch in geschriebene Worte…

Irgendwie finde ich es seltsam, wenn mein Mann vor Weihnachten gefragt wird: «Wie lange arbeitest du noch? Hast du schon bald Ferien?» Mich fragt keiner.
Irgendwie finde ich es seltsam, wenn am Ende der Ferien mein Mann gefragt wird, ob er am Montag wieder zu arbeiten beginnt. Mich fragt keiner.
Irgendwie seltsam, wie oft beim Smalltalk mit Bekannten und Freunden die Arbeit zur Sprache kommt. Und unweigerlich die Frage an meinen Mann: «Hast du es streng bei der Arbeit? Gibt es viel zu tun?» Mich fragt keiner.
Irgendwie seltsam, wenn mein Mann gefragt wird: «Was steht morgen an?» Mich fragt keiner. Es ist wohl klar: Waschen, putzen, kochen und zu den Kindern schauen… Was denn sonst?
Irgendwie seltsam, dass die Schule automatisch davon ausgeht, dass Mütter jederzeit für Fahrdienste und Klassenunternehmungen zur Verfügung stehen. Die warten ja alle nur zu Hause, bis ihr Kind von der Schule heim kommt…

Mein Job existiert oft schlicht und einfach nicht. Es ist unglaublich, wie eingeprägt klassische Rollenverständnisse in den Köpfen der Menschen sind. Ich wohne in einer Gegend, da sind viele Mütter zu Hause bei ihren Kindern. Super! War ich lange auch. Oft arbeiten sie nebenbei im Bauernbetrieb mit oder übernehmen Büroarbeiten für das Geschäft ihres Mannes. Einfach so nebenbei (oft eine ganze Menge Arbeit!!) und trotzdem immer zu Hause präsent. Hut ab! Die eine oder andere hat vielleicht eine kleine Teilzeit-Anstellung, um mal rauszukommen oder den nötigen Zustupf zu verdienen. That’s it. Alles andere ist die Ausnahme. Mütter, die mit einem grösseren Pensum ausserhalb des Familienbetriebs oder gar noch in einer verantwortungsvollen Position arbeiten – das ist ein No-Go, oder? Und im christlichen Umfeld doch erst recht…

Ich fühle mich etwas exotisch. Ich arbeite. Nicht ein volles Pensum, aber doch ziemlich viel. Ich trage viel Verantwortung im Job. Und ich bin Mama von zwei Teens. Dafür arbeitet mein Mann nur vier Tage im Beruf und schmeisst einen Tag in der Woche den Haushalt. Da werden wir verwundert angeschaut. Wie gut, dass uns dies egal ist. Da geht halt auch mal der Papa mit den Kindern zum Zahnarzt. Schulnoten sind von ihm unterschrieben. Er taucht beim Bäcker und beim Metzger auf. Hängt draussen die Wäsche auf. Und wenn es klingelt an der Türe, regelt er die Sache. Hingegen mache ich dem Versicherungsvertreter, der am Telefon nach meinem Mann fragt, klar, dass ich seine Ansprechpartnerin bin und nicht mein Mann. Ist das denn so schwer zu verstehen, dass hier die Rollen nicht 08-15 verteilt sind?

Ich sage nicht, die Frauen sollen unbedingt arbeiten gehen. Keinesfalls. Ich zähle mich auch nicht zur besonders emanzipierten Sorte. Aber ich möchte ernst genommen werden. In meiner gewählten Rolle. In meiner Arbeit. Ich wünsche mir die Offenheit für andere Familienmodelle und Rollenverständnisse. Ich wünsche mir Interesse für Tätigkeiten und Berufsfelder, die vielleicht auch fremd sind. Dabei will ich mich auch selber auf den Weg machen und mich nicht von Prägungen leiten und blenden lassen, sondern offen sein für die Lebenswirklichkeit meines Gegenübers. Und wer weiss, vielleicht stosse ich dabei ja auf weitere Frauen, die Beruf und Berufung leben – auch mit Familie. Frauen, die ebenfalls in verantwortungsvollen Aufgaben ausserhalb der Familie stehen. Frauen, die mit ähnlichen Herausforderungen kämpfen. Das wäre schön. Denn es ist ein einsamer Weg. Und ich frage mich: Wo sind sie denn diese Frauen? Ich kenne keine einzige in einer ähnlichen Situation. Alles nur Männer. Von denen lerne ich auch. Aber ist doch irgendwie seltsam...?



Kommentare

  1. … welches Jahr schreiben wir gerade? 1967?
    da bist du wohl einfach ein bisschen zu fortschrittlich.
    Was, Frauenwahlrecht willst du auch noch? Nun übertreib aber nicht! Einer christlichen Frau steht das nicht.

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