Zwei Töpfe und Nachbarn mit komplett anderem Wetter

Ich bin zurück aus der Blog-Sommerpause. So viele Gespräche drehen sich momentan (nebst dem Unwort mit C) um das Thema Sommerferien. Sommer? Kaum fällt dieses Wort, merken viele sofort an, dass dieses Jahr ja der Sommer ausgefallen ist. Das mag ich nicht hören. Es war Sommer. Und es war ein schöner Sommer, finde ich. Irgendwie habe ich manchmal den seltsamen Verdacht, dass ich einen anderen Sommer erlebt habe als andere Menschen aus meiner Gegend. Ich höre immer nur Klagen über das Wetter, über den trüben Sommer. Meine Erinnerung ist anders. Ich erlebte komischerweise viele Sonnentage. Ich bin komischerweise bei Sonnenschein auf Berggipfeln gewesen. Habe an so manchem Tag draussen auf der Terrasse gegessen. Habe Abende am Feuer genossen. Und erinnere mich gar an ein paar für mich zu heisse Tage (wenn es glücklicherweise auch weniger waren als auch schon). Mein Wetter war gut. Das des Nachbarn aber scheinbar überhaupt nicht. Wahrscheinlich war hier um unser Haus und überall, wo wir waren, zufällig eine Blase mit passendem Wetter und alle andern hatten 90 Tage Dauerregen. Anders kann ich mir nicht erklären, dass meine Erinnerungen so gar nicht mit den Erzählungen meiner Mitmenschen übereinstimmen. (Wohlverstanden ich spreche hier nicht von Gemüsebauern, die durch Unwetter ihre Existenz verloren haben, oder von Regionen in Deutschland, die von katastrophalen Flutwellen überrollt wurden, sondern von einer Region, die echt keinen Grund zum Jammern hat…)
Zugegeben, wer Anfang Juli ins Zeltlager wollte, hatte wirklich Pech. Aber sonst? Doch könnte vielleicht die unterschiedliche Wahrnehmung darauf zurückzuführen sein, ob das Glas halbvoll oder halbleer gesehen wird? Ob wir uns an die Regentage erinnern oder an die Sonnentage? An ins Wasser gefallene Ausflüge oder unverhoffte kleine magische Momente? Und das hat jeder selber in der Hand, ganz wetterunabhängig... Ich jedenfalls feiere die Sommererinnerungen, versuche sie zu speichern und zu konservieren für ein langes Winterhalbjahr (huch, daran mag ich aber jetzt noch nicht denken).

Übrigens - kleiner Exkurs: Genau sieben Jahre gibt es meinen Blog hier nun schon. Unglaublich, wie die Zeit vergeht. Manches Mal habe ich mich schon gefragt, ob ich das hier wirklich weiterziehen will. Und doch kann ich es nicht lassen. Ich mag es zu schreiben, meinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Und wenn damit auch noch Menschen ermutigt und inspiriert werden, umso schöner. Erstaunlicherweise wird hier immer noch fleissig gelesen. Ich habe keine erfolgsversprechende Taktik. Ich verknüpfe den Blog auch bewusst nicht mit meinem Business. Dumm, sagen vielleicht die einen. Mir egal. Wenn ich Lust habe, schreibe ich und wenn nicht, dann lasse ich’s. Basta. In diesem Sinne: Schön bist du da und liest du hier! Trotz unregelmässiger Posts.

Nebst der Frage nach den Sommerferien kommt in Gesprächen oft der nächste Standard: «Wie geht es dir?» Ha, liebst du diese Frage auch so? Geht das nur mir so, dass ich manchmal gar nicht so weiss, wie’s mir geht? Was nehme ich jetzt als Antwort? Denke ich einfach an all das Gute in meinem Leben und das Schwierige blende ich aus (weil es ja so vielen andern so viel schlechter geht…)? Oder erzähle ich, was mir gerade Mühe macht? So kommt dann eher rüber, dass es mir nicht so gut geht, dabei gibt es doch auch viel Gutes in meinem Leben. Oder vielleicht will das Gegenüber es ja auch gar nicht wirklich wissen und erwartet bloss ein «gut und du?»?

Die Herausforderung der Frage kann ja noch getoppt werden, wenn sie per WhatsApp gestellt wird: Wie bitte soll ich meine ehrliche Antwort und Analyse, die eigentlich ein ganzes Buch füllen könnte, in einen vernünftigen whatsapptauglichen Satz packen? Ich bin da komplett überfordert. Dank eines Workshops (bei dem es eigentlich um ganz was anderes ging) hatte ich letzthin eine grandiose Erkenntnis. Ich habe festgestellt, dass für mich die Schwierigkeit darin besteht, dass ich die Antwort auf die Frage nach meinem Ergehen auf einer linearen Skala suche. Am einen Ende dieser Skala liegt «gut», am andern Ende «schlecht». Und ich versuche nun krampfhaft einzuschätzen, wo auf dieser Skala ich gerade liege. Da ich aber ein äusserst komplex analysierender Mensch bin, gelingt mir dies nicht. Denn es gibt immer Dinge, die sind gerade super und andere, die liegen mir schwer auf dem Magen. Mir hilft es, von diesem linearen Denken wegzukommen und stattdessen zwei Töpfe vor mir zu sehen. Im einen Topf sind alle positiven Dinge, im andern alle negativen. Der Füllstand ist unterschiedlich. Ich sehe, was in den Töpfen liegt. Beides ist Realität und beides hat Platz und darf sein. Freunden, die aufrichtig wissen wollen, wie es mir geht, kann ich von meinen Inhalten im negativen und im positiven Topf erzählen. Und ich muss mich gar nicht entscheiden, ob es mir nun gut, schlecht oder irgendwo dazwischen geht. Mich entlastet dieses Bild. Und ich merke: Es stimmt gar nicht, dass ich nicht weiss, wie es mir geht. Es sind da nur so viele Faktoren, dass ich kein Drei-Worte-Fazit finden kann… Und das muss ich auch nicht.

 

 Ein Schönwettertag in diesem Sommer...


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